Wahlen

Die letzten Wochen waren sehr arbeitsam – in den letzten Monaten des Jahres gibt es immer eine Anhäufung von Projekten und Programmen, die im Aufsichtsrat der Bank beschlossen werden. Das ist (leider) immer so, auch bei anderen Entwicklungsbanken, und wird als “bunching season” bezeichnet und liegt vor allem daran, dass die Banken Jahrespläne für die Projektentwicklung haben (die teilweise mit den Budgetzyklen der Länder koordiniert sind) und dann eben gegen Ende des Jahres das Projekt so weit sein sollte, dass es beschlossen werden kann. Dazu kommt auch, dass die Wiederauffüllungen unseres “weichen” Finanzierungsfensters (also des Afrikanischen Entwicklungsfonds, aus dem Projekte für die ärmsten Länder Afrikas zu sehr günstigen – meist Schenkungen – Konditionen finanziert werden) alle drei Jahre stattfinden und daher im ersten Jahr weniger Projekte zustande kommen, was dann in den beiden folgenden Jahren zu mehr Projekten führen muss (wir sind jetzt gerade im 2. Jahr). Zwei Zyklen also, die sich gerade gegenseitig verstärken. Alles in allem aber sehr interessant.

Unser neuer Bank-Präsident Adesina ist nun auch seit 1.September im Amt und versucht, mit verschiedenen neuen Initiativen (“Big Five”) seine Ideen in die Bank einzubringen. Derzeit alles noch recht oberflächlich, aber das kann ja noch werden. Auf jeden Fall ist er seit seinem Amtsantritt bisher nur selten in Abidjan gewesen, was vor allem an den vielen internationalen Konferenzen (Paris-Vorbereitungen für die Klimakonferenz im Dezember; Lima-Jahrestagung der Weltbank;…) lag.

An ein paar Wochenenden war ich am Meer, was derzeit sehr schön ist, weil das Wetter herrlich (30 Grad, nicht zu viel Sonnenschein, aber auch nicht mehr so schwül) ist und das Wasser sehr fein.

Nicht nur in Österreich ist Wahlkampf, auch in der Côte d´Ivoire wird gewählt: Am kommenden Sonntag, den 25. Oktober 2015, findet der erste Durchgang der Präsidentenwahlen statt.  Es gab anfangs 33 KandidatInnen, von denen aber nur 10 von der “unabhängigen” Wahlkommission zugelassen wurden. Von diesen 10 sind in den letzten Tagen auch schon wieder zwei zurückgetreten, weil sie die Wahl als unfair und als Farce bezeichnet haben. Klarer Favorit ist der derzeitige Präsident Alassane Ouattara (“ADO”), ein Urgestein der ivorischen Politik nach der Einparteienherrschaft: Ouattara wurde schon 1990 vom damaligen Präsidenten Felix Houphouet-Boigny zum Ministerpräsidenten ernannt. Der mittlerweile 73-jährige war einige Jahre für Burkina Faso beim internationalen Währungsfonds und hatte auch gute Beziehungen zum im letzten Jahr abgesetzten Langzeitdiktator Compaore in Burkina Faso. In den 1990-er Jahren erstarkte in der Côte d´Ivoire das nationalistisch-rassistische Konzept der “Ivoirité“, das ihn von den Präsidentenwahlen ausgeschlossen hat, da ihm vorgeworfen wurde, nicht in der Côte d´Ivoire geboren wurde (erinnert irgendwie an die “Birther” Diskussion in den USA; besonders lächerlich finde ich diese Diskussion vor allem auch deshalb, da es zur Geburt Ouattaras noch gar keine Côte d´Ivoire gab, da das Land erst 1960 unabhängig wurde). Ouattara war auch stark am ivorischen Bürgerkrieg zwischen 2002 und 2007 beteiligt, der das Land in einen vom (damals) legitimen Präsidenten Gbagbo kontrollierten Süden und einen von oppositionellen Truppen kontrollierten Norden teilte.

Jedenfalls legte Ouattara nach den letzten Präsidentenwahlen 2010 ebenso wie sein Kontrahent und vorheriger Amtsinhaber Gbagbo den Präsidenteneid ab, da sie beide den Wahlsieg für sich beanspruchten, was zum Ausbruch der letzten großen Nachwahl-Krise führte, die schließlich darin endete, dass Gbagbo vom französischen Militär aus dem Amt gebombt wurde und seither in Den Haag auf seinen Prozessbeginn am Internationalen Strafgerichtshof wartet.

Die anderen KandidatInnen für die kommenden Wahlen dürften im ersten Wahlgang auch nicht nur annähernd an ADOs Ergebnis kommen, allerdings ist fraglich, ob er schon mehr als 50% erreichen kann. Umso fraglicher ist danach, wer dieses Wahlergebnis anerkennen und wie auslegen wird. Das Militär und die oppositionelle FPI von Gbagbo spielen dabei sicherlich eine große Rolle, da die grundlegenden Probleme, die seit den 1990er Jahren für eine andauernde politisch-militärische Krise im Land führen, eigentlich nicht angesprochen werden: Wirtschaftlicher Niedergang, Landverteilung, soziale Ungleichheit, rent seeking,… die alle schlussendlich zur rassistischen Auslegung der Krise geführt haben (und teilweise immer noch führen – welch’ Parallele zu Österreich/Europa, wo durch die Krise hervorgerufene Ängste rassistisch ausgelegt werden, rechte Parteien Wahlen gewinnen, ohne an den grundlegenden Problemen (Umverteilung) irgendetwas zu ändern).

Hier jedenfalls ein Überblick über die KandidatInnen: http://abidjan.net/

Die Lage ist bisher aber recht ruhig. Nach Veröffentlichung der offiziellen KandidatInnenliste gab es Ausschreitungen und Demonstrationen in einigen Landesteilen mit einigen Toten, seither ist es aber recht ruhig. Auch die Opposition beteiligt sich am politischen Prozess und kann zumindest relativ offen und ungestört ihren Unmut über die Bevorzugungen des Amtsinhabers äußern. Aber auch vor den letzten Wahlen schien alles ruhig und auf dem besten Weg…

 

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